Können Tiere den Tod verstehen? Susana Monsós „Das Schweigen der Schimpansen"
Update: 2025-09-17
Description
2018 brachte ein Orca-Weibchen nach 17-monatiger Schwangerschaft ein Jungtier zur Welt. Leider überlebte es keine halbe Stunde lang. Was dann folgte, war aus Sicht von Forschern höchst ungewöhnlich: Die Mutter trug ihr totes Kalb nämlich einfach weiter huckepack durchs Meer, über zwei Wochen lang, mehr als 1000 Meilen weit.
Viele verfolgten die Tragödie in den Medien, und die spanische Philosophin Susana Monsó glaubt auch zu wissen, warum:
Können Tiere den Tod verstehen? Können sie wie wir Trauer und Verlust empfinden? Lange wurde Trauer für ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen gehalten. Inzwischen werden immer mehr Fälle bekannt, die diese Ansicht in Frage stellen: Schimpansen in einem Gehege, die sich, wie um Abschied zu nehmen, nach dem Tod eines Gruppenmitglieds still am Zaun aufreihen.
Elefanten, die beharrlich die Stoßzähne toter Artgenossen mit sich herumtragen. Delfine, die für ein sterbendes Gruppenmitglied eine Art Floß bilden, um ihm das Atmen zu erleichtern.
Für Susana Monsó stellen sich angesichts solcher Beispiele jedoch viele Fragen. „Das Schweigen der Schimpansen. Wie Tiere den Tod verstehen“ ist ihr kluges, nachdenkliches, vorzüglich lesbares Buch betitelt. In ihm erinnert die Philosophin daran, dass solche Fälle praktisch immer anekdotisch und daher von begrenzter Aussagekraft sind.
Zum anderen aber findet die Philosophin es bezeichnend, dass wir uns vor allem für Berichte interessieren, in denen wir uns und unsere Reaktionen auf den Tod wiederzuerkennen glauben – für Monsó ein Beispiel für „emotionalen Anthropozentrismus“. Als wäre der Mensch der Maßstab für den richtigen Umgang mit dem Tod.
Dabei glaubt die Autorin durchaus, dass zahlreiche Tierarten über ein „Konzept vom Tod“ verfügen. Nur tue man gut daran, sich daran zu erinnern, dass Tiere beim Anblick eines toten Lebewesens alles Mögliche verspüren können, so Monsó – inklusive Hunger oder Freude. Und vor allem: dass der Tod in der Natur etwas völlig anderes sei als für uns, also kein klinisch-abstraktes Ausnahmeereignis, im Gegenteil.
Damit ein Tier überhaupt verstehen könne, dass ein anderes Tier, ob nun ein Artgenosse oder nicht, tot sei, müsse es laut Susana Monsó zwei Dinge erkennen: dass das tote Tier sich nicht mehr so verhält, wie es normalerweise zu erwarten sei. Und dass dieser Zustand unumkehrbar ist. Ameisen zum Beispiel erkennen dies nicht; wenn sie eine tote Arbeiterin aus dem Nest tragen, dann deshalb, weil sie instinktiv auf einen bestimmten Verwesungsgeruch reagieren.
Wer beweisen wolle, dass es im Tierreich tatsächlich zumindest eine Art „Minimalkonzept vom Tod“ gebe, sollte sich laut Monsó am besten an Beutegreifer halten: an Tiere also, die genau darauf achten müssen, ob ihre Beute alt, verletzt oder krank ist.
Und die sichtbar überrascht sind, wenn ein vermeintlich totes Tier plötzlich wieder quicklebendig ist – wie das Opossum, das das Sich-tot-Stellen regelrecht zur Kunst erhoben hat, inklusive heraushängender Zunge und der Absonderung von Fäulnisgeruch.
Ein Verteidigungsmechanismus, der für die Philosophin zumindest eines belegt: dass die Gegenseite, also die Fressfeinde der putzigen Nager, den Unterschied zwischen lebendig und tot nur zu gut kennen. Also ja, Tiere verstehen wohl wirklich den Tod – nur eben anders als wir.
Viele verfolgten die Tragödie in den Medien, und die spanische Philosophin Susana Monsó glaubt auch zu wissen, warum:
Wir glaubten, genau zu verstehen, was die Walmutter durchmachte; in ihrem Verhalten spiegelten sich unsere eigenen schmerzlichen Erfahrungen angesichts des Verlusts eines geliebten Menschen.Quelle: Susana Monsó – Das Schweigen der Schimpansen
Empfinden Tiere Trauer?
Können Tiere den Tod verstehen? Können sie wie wir Trauer und Verlust empfinden? Lange wurde Trauer für ein Alleinstellungsmerkmal des Menschen gehalten. Inzwischen werden immer mehr Fälle bekannt, die diese Ansicht in Frage stellen: Schimpansen in einem Gehege, die sich, wie um Abschied zu nehmen, nach dem Tod eines Gruppenmitglieds still am Zaun aufreihen.
Elefanten, die beharrlich die Stoßzähne toter Artgenossen mit sich herumtragen. Delfine, die für ein sterbendes Gruppenmitglied eine Art Floß bilden, um ihm das Atmen zu erleichtern.
Für Susana Monsó stellen sich angesichts solcher Beispiele jedoch viele Fragen. „Das Schweigen der Schimpansen. Wie Tiere den Tod verstehen“ ist ihr kluges, nachdenkliches, vorzüglich lesbares Buch betitelt. In ihm erinnert die Philosophin daran, dass solche Fälle praktisch immer anekdotisch und daher von begrenzter Aussagekraft sind.
Zum anderen aber findet die Philosophin es bezeichnend, dass wir uns vor allem für Berichte interessieren, in denen wir uns und unsere Reaktionen auf den Tod wiederzuerkennen glauben – für Monsó ein Beispiel für „emotionalen Anthropozentrismus“. Als wäre der Mensch der Maßstab für den richtigen Umgang mit dem Tod.
Zerstörte, irreparable Körper
Dabei glaubt die Autorin durchaus, dass zahlreiche Tierarten über ein „Konzept vom Tod“ verfügen. Nur tue man gut daran, sich daran zu erinnern, dass Tiere beim Anblick eines toten Lebewesens alles Mögliche verspüren können, so Monsó – inklusive Hunger oder Freude. Und vor allem: dass der Tod in der Natur etwas völlig anderes sei als für uns, also kein klinisch-abstraktes Ausnahmeereignis, im Gegenteil.
Der Tod ist etwas sehr Konkretes und Greifbares, etwas, was man riechen, anfassen und schmecken kann. Die Toten sind keine abwesenden Individuen, sondern vor allem zerstörte und irreparable Körper.Quelle: Susana Monsó – Das Schweigen der Schimpansen
Damit ein Tier überhaupt verstehen könne, dass ein anderes Tier, ob nun ein Artgenosse oder nicht, tot sei, müsse es laut Susana Monsó zwei Dinge erkennen: dass das tote Tier sich nicht mehr so verhält, wie es normalerweise zu erwarten sei. Und dass dieser Zustand unumkehrbar ist. Ameisen zum Beispiel erkennen dies nicht; wenn sie eine tote Arbeiterin aus dem Nest tragen, dann deshalb, weil sie instinktiv auf einen bestimmten Verwesungsgeruch reagieren.
Listiges Opossum, überraschte Räuber
Wer beweisen wolle, dass es im Tierreich tatsächlich zumindest eine Art „Minimalkonzept vom Tod“ gebe, sollte sich laut Monsó am besten an Beutegreifer halten: an Tiere also, die genau darauf achten müssen, ob ihre Beute alt, verletzt oder krank ist.
Und die sichtbar überrascht sind, wenn ein vermeintlich totes Tier plötzlich wieder quicklebendig ist – wie das Opossum, das das Sich-tot-Stellen regelrecht zur Kunst erhoben hat, inklusive heraushängender Zunge und der Absonderung von Fäulnisgeruch.
Ein Verteidigungsmechanismus, der für die Philosophin zumindest eines belegt: dass die Gegenseite, also die Fressfeinde der putzigen Nager, den Unterschied zwischen lebendig und tot nur zu gut kennen. Also ja, Tiere verstehen wohl wirklich den Tod – nur eben anders als wir.
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